Sonntag, 3. März 2019
Bilder sagen nichts
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Bei einer ganz bestimmten Gelegenheit wurde mir heute mit einem Schlag klar, warum Bilder der Sprache unterlegen sind. Man bekommt ja von Flickr regelmässig Mitteilungen, dass Leute, denen man folgt, neue Fotos gepostet haben. Die sind dann in weniger als Briefmarkengrösse auf einer Seite abgebildet und können natürlich einzeln angeklickt und vergrössert werden.

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Kann dieses Bild eine Geschichte erzählen? Ihm fehlen die Worte!
(Foto: Dieter Kayser)

Ich hatte aber gar keine Lust dazu. Von Weitem sahen sie nämlich eigentlich nur irgendwie bunt aus. So wie man bei einem aufgeschlagenen Buch nur Schwarzweissbilder sieht, die jede Menge Buchstaben und Wörter enthalten, die man aus der Ferne aber nicht erkennen und nicht lesen kann. Aus der Nähe betrachtet ergibt das einen Text, der dann natürlich verständlich und zusammenhängend ist. Oder auch nicht. Was man von den Bildern jedoch nicht behaupten kann. Sie ergeben nämlich keinen Sinn. Sind nur verständlich, wenn man zusätzliche Informationen hat. Wenn man einen Satz nicht versteht, kann man ihn mit weiteren Sätzen erklären. Wenn man aber ein Bild nicht versteht, nützen weitere Bilder dann auch nichts.

Also braucht man nicht weitere Bilder, sondern Sprache, um ein Bild zu verstehen. Was man umgekehrt von Sprache nicht behaupten kann. Sprache braucht keine Bilder, um verstanden zu werden, aber jedes Bild braucht Sprache, also einen Text, damit man es sinnvoll einordnen kann. Text ist zwar nur schwarzweiss und Fotos können richtig knallbunt sein. Durch die bunten Farben wird aber der Informationsgehalt nicht erhöht. Bunte Blumenfotos geben nur die Info "schön, bunt". Ein Bild von einer Explosion enthält keine Informationen. Diese müssen erst durch Sprache hinzugefügt werden. Sonst sagt das Bild nur "Bumm!"

Wenn Engländerinnen mit Heckenscheren ...

Dieses Foto wird erst durch Erklärung verständlich. In einem Film nach Rosamunde Pilcher ist eine Winzerin damit beschäftigt, Reben zu schneiden. Dazu verwendet man normalerweise eine wesentlich kleinere Spezialschere. Damit das Arbeiten damit besser zu sehen ist, hat man der Dame so eine grosse Heckenschere in die Hand gedrückt, die sie zudem noch viel höher hält als die Rebstöcke überhaupt wachsen.
(Screenshot)

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Eine mögliche Geschichte zu Bild 1:
Die Enkeltochter kommt zu Besuch. Sie liebt Opas Käsekuchen, dazu musste er schnell noch eben in den Super U, denn er hatte weder genug Butter für den Boden noch Quark und Sahne für die Käsemasse. Opa trinkt nur Wasser, Fencheltee und Weizenbier. Für Besucher hält er stets Kaffee, Pils und Rotwein bereit, aber die Enkelin trinkt Apfelsaft, den hatte er auch nicht im Haus. Und wie er die Kleine kennt, wird sie sich gefühlt hundert Mal die Hände waschen müssen, weil sie die vollgekackten Eier aus dem Hühnerstall holt, Radieschen mit bloßen Händen ausgräbt oder vor dem Essen gründlich in der Nase popelt. Ihre Eltern haben so einen seltsamen Hyghiene-Wahn - von ihm hat seine Tochter das nicht - da muss die Handwaschseife unbedingt aus dem Spender kommen, ein gutes Stück Kernseife wird als eklig und unhyghienisch empfunden, daher der Seifenspender. Alles zusammen macht sich ziemlich gut auf dem neuen Wachstuch, das Opa schon vor einer Woche extra in den Lieblingsfarben nder Enkelin angeschafft hat. Das wird ein Spaß!!!

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Sehr schöne
Geschichte, danke! Mit Deiner Phantasie könnte man eine Geschichte zu jeder Telefonnummer erfinden. Freue mich über Deinen Text. Liebe Grüsse!

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Immer gerne ;-)

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