Donnerstag, 22. August 2019
Tot beim Edeka
Zum Thema Tod des Autors ist mir noch was ganz Wichtiges eingefallen.

Wenn man einen Text liest, ist der Verfasser desselben im Prinzip wie tot. Das heisst, man liest den Text anders, wenn man weiss, dass der Autor noch lebt als wenn man das nicht wüsste. Und man hat sogar noch die Möglichkeit, sich an den Verfasser zu wenden und ihm ein Feedback zu geben.

Wenn man als Leser weiss, dass der Autor tot oder sonstwie unerreichbar ist, hat man immer auch ganz andere Gedanken als beim Lesen eines Textes, zu dem man noch beim Autor intervenieren kann.

Beim Lesen von Schriften toter Autoren kann man sich ja einfach sagen "Na ja, so war das halt damals, heute denken wir ganz anders darüber, die Welt hat sich inzwischen ja auch weiterentwickelt".

Ganz anders ist es beim Lesen von Anmerkungen oder Texten jeder Art von Personen, die man entweder kennt oder von denen man weiss, dass sie noch leben und dass sie auf mein Feedback auch wieder antworten können.

Man kann mit ihnen in einen Dialog treten und als Antwort auf eine schriftlich formulierte Darlegung behaupten, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Oder man kann ihnen zustimmen oder sie ergänzen und damit signalisieren "Ja, im Prinzip denke ich genauso".

Ich muss jetzt leider darauf hinweisen, dass jeder Autor eines irgendwie gearteten Textes praktisch schon so gut wie tot ist. Denn der Text, den ich lese, steht erstmal auch ganz alleine für sich da, ohne dass ich etwas über den Autor wissen muss.

Die Gedanken, die man sich beim Lesen eines Textes macht, können sehr weit auseinanderklaffen, je nachdem, ob man den Autor kennt oder ob man wenigstens weiss, wie man zu ihm steht, und ob er tot ist oder nicht und ob man sich möglichenfalls auf ein Streitgespräch mit ihm einlassen möchte oder nicht.

Ein und derselbe Text kann also bei jedem einzelnen Leser andere und grundsätzlich zuwiderlaufende Gedanken und Reaktionen hervorrufen. Obwohl er von ein und demselben Autor verfasst wurde und obwohl oder weil dieser schon verstorben oder noch quicklebendig ist.

Der Text, den er abgesondert hat, macht ihn insofern zu einem toten Autor, als er keinerlei Einfluss mehr darauf hat, wie sein Text verstanden werden soll.

Fiel mir grade so auf dem Parkplatz vom Supermarkt ein.

Link: Der Tod des Autors

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Das Geschriebene Wort entzieht sich immer mehr der Kontrolle des Verfasers als das Gesprochene, wil das ja im unmittelbaren Kontakt abgegeben wird. Das ist mir in der Vergangenheit auch schon bei Briefen, E-Mails oder Blog-KOmmentaren aufgefallen. Nur bei Anrufeantwortern und Handy-Sprachnachrichten, verhält es sich mit dem gesprochenen Wort genauso.
Wer schreibt, wil ersteinmal alles audführen, nicht unterbrochen werden, Zeit haben, die richtige Formulierung zu finden, aber es ist auch ein wenig tote Kommunikation. Zumindest weniger lebendig als das unmittelbare Gespräch.
Oder war das jetzt zu platt und unphiliosophisch?

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Das
sehe ich genauso. Das geschriebene Wort kann losgelöst vom Autor gelesen, falsch verstanden, falsch zitiert und manipulativ verwendet werden. So wie ein Gerücht. Man kann nichts dagegen machen.

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